Datenschutzrisiko Videosprechstunden?

Lange Zeit waren sie lediglich ein Nischenangebot für einige Privatpatienten: Videosprechstunden im Internet. Jetzt bieten plötzlich immer mehr Ärzte solche Sprechstunden an. Woran liegt das? Und besteht dabei womöglich ein Risiko in Sachen Datenschutz?

In Deutschland nur als Nischen-Service

Videosprechstunden im Internet sind an sich nichts Neues – zumindest vereinzelt. Die Zielgruppe: durchwegs jüngere Privatpatienten. Angeboten wird der Service meistens von Ärzten mit einer Praxis im europäischen Ausland, zum Beispiel in Großbritannien. In Deutschland hingegen zeigte sich ein Großteil der Ärzteschaft bisher skeptisch und vertrat das Credo, einen Patienten nur zu behandeln unter der Voraussetzung, ihn persönlich vor Ort zu behandeln. Ausnahmen? Eher selten.

Online-Sprechstunden im Ausland: teilweise stärker üblich

In anderen Ländern handhabten die Ärzte das Thema zum Teil bisher bereits anders. Selbstredend geht auch dort nicht alles online vonstatten, aber vieles eben doch. Das allein wäre noch kein Grund für eine Änderung in der Bundesrepublik gewesen. Denn eine ernst zu nehmend Konkurrenz für die Ärzteschaft hierzulande waren diese Videosprechstunden aus dem Ausland nicht …

Corona als eine treibende Kraft

Mit-Auslöser für die Veränderungen war und ist die Corona-Pandemie. Zumindest um einen Corona-Verdacht zu bestätigen oder auszuschließen, ist es oft nicht nötig, den Patienten persönlich vor sich zu haben. Der Arzt schickt den Betroffenen einfach zum Testen – die nächsten Schritte lassen sich im Anschluss bereden. Ein Prozess, der auch unkompliziert per Video funktionieren kann. Ähnliche Beispiele sind auch in den meisten medizinischen Fachrichtungen zu finden.

Praxisbesuch per Video jetzt auch bei Kassenpatienten abrechenbar

Noch dazu kann ein Arztbesuch per Video inzwischen bei den Krankenkassen abgerechnet werden. Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung und die Kassenärztliche Bundesvereinigung haben sich unlängst für eine „Vereinbarung über die Anforderungen an die technischen Verfahren zur Videosprechstunde“ geeinigt. Die Vereinbarung definiert, was ein Arzt beachten muss, damit eine Abrechnung möglich ist.

Genaue Datenschutz-Vorgaben

Klare Vorgaben für den Datenschutz zählen mit zu den Anforderunge, die ein Arzt diesbezüglich erfüllen muss. Die Vereinbarung legt unter anderem technische Spezifikationen fest, die einzuhalten sind, beispielsweise eine sichere Verschlüsselung. Ohne sie könnte die ärztliche Schweigepflicht verletzt werden – was Ärzte nicht riskieren können. Denn solche Verletzungen können eine Straftat darstellen und standesrechtliche Folgen nach sich ziehen.

Zoom und Co. nicht zulässig

Eine Videosprechstunde über Zoom oder ähnliche im Internet angebotene Systeme durchzuführen, die im Büroalltag häufig anzutreffen sind, ist nicht erlaubt. Es dürfen nur Systeme von Anbietern mit einer besonderen Zertifizierung zum Einsatz kommen. Sie sind in einer Liste der Kassenärztlichen Bundesvereinigung aufgeführt.

Keine Registrierung nötig

Gut zu wissen für alle Patientinnen und Patienten: Sie müssen sich vor der Benutzung eines Systems zur Videosprechstunde nirgends registrieren. Anders sieht es für den Arzt aus, der eine Registrierung beim Systemanbieter durchlaufen muss. Das gewährleistet die Authentizität.

Terminvereinbarung zur Online-Sprechstunde

Wer einen Video-Termin wahrnehmen möchte, muss ihn vorab mit der Praxis vereinbaren. Dies kann etwa telefonisch oder über ein Tool zur Online-Terminreservierung geschehen. Zugang zur Sprechstunde erhalten Patientinnen und Patienten mit einem Zugangscode, den der Arzt rechtzeitig vor dem Termin übermittelt. Es liegt in der eigenen Verantwortung des Patienten, diesen Zugangscode sorgfältig zu behandeln – besonders dann, wenn die Sprechstunde bei einem Arzt vereinbart wird, der den Patienten noch nicht persönlich kennt.

Kaum Schwachstellen für die Vertraulichkeit

Mögliche Schwachstellen für die Vertraulichkeit liegen in der Umgebung beim Arzt oder beim Patienten, die auf dem Display nicht zu sehen ist. Beim Arzt kann man davon ausgehen, dass keine weiteren Personen in der Praxis heimlich mithören oder mitsehen. Das wäre eine schwere Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht. In der heimischen Umgebung des Patienten kann es anders aussehen. Wer sich für eine Videosprechstunde nicht allein in einen Raum zurückziehen kann, sollte möglicherweise die Finger davon lassen. Und eine andere Person heimlich mithören zu lassen, mag zwar keine Straftat sein. Fair gegenüber dem Arzt ist es jedoch nicht.

Ein Zusatz-Angebot, kein Zwang

Eingedenk der geschilderten Sicherheitsmaßnahmen spricht nichts dagegen, eine Videosprechstunde auszuprobieren. Sie ist ein zusätzliches Angebot der Mediziner für Kassen- und Privatpatienten – nicht mehr und nicht weniger.

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